Eindrücke zum Ehemaligentreffen der Windsbacher 2010
von Sebastian Gühne

Zwischen 13tem und 15tem Mai 2010 war das Ehemaligentreffen angekündigt. Es stand ein wichtiger Termin dazwischen, aber mal wieder singen, die ganzen Leute wieder sehen, wieder im Kasten schlafen, in der Mensa essen...

Der erste Tag
Nach sieben Jahren kehre ich das erste Mal ins Internat zurück. Aber einmal angekommen, läuft es fast besser als erwartet. Auch bei Erziehern und Ehemaligen kehren Erinnerungen zurück und so werde ich fröhlich und unbedarft wieder aufgenommen. Sogar die Küchenfrauen zielen mehr oder weniger treffsicher auf unsere Namen, und das nach jahrelanger Abwesenheit. Meine ehemalige Gruppe trifft in einem Aufenthaltsraum aufeinander: stürmische Begrüßungsszenarien. Danach widmet man sich dem, was man am besten kann: Billard, Kicker und lautes Lachen. Nach einem Kaffee treffen wir Ehemaligen auf die Kastenmannschaft, um vergnügt und teilweise übereifrig dem Volkssport Fußball zu frönen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich damals so fit war wie die heutige Kastenmannschaft. Ich weiß nur, dass ich genauso demoliert und schlapp vom Platz geh, wie die restlichen Ehemaligen.

Der zweite Tag
Natürlich gehört zu einem ordentlichen Ehemaligentreffen auch die Klause. Deshalb gab es am ersten Tag, am zweiten Tag und auch am dritten Tag sowohl Klause, als auch Freibier. Bezahlt und organisiert durch den Monte – Verein. Auch einer der Gründe, warum die Proben am zweiten Tag, Freitag früh also, schleppend anlaufen. „Ton einziehen“ - das sagt der so. Aber ob der Ton wirklich in diesen Schädel will?

Der dritte Tag
Unglaublich, aber ich laufe durch den Kasten, als wäre ich nie weg gewesen. Es fühlt sich nach einem Tag ganz normal an. Sogar in die Proben komme ich immer noch zu spät. Samstag früh – Stichproben. Das bedeutet, dass wir das ganze Repertoire singen, bis auf ein Stück: Das wird in der Kirche geprobt. Er lässt weiterhin keine Fehler durchgehen, auch wenn die Ehemaligen eine Altersspanne aufweisen, die man sonst nur auf dem Friedhof findet (Bitte entschuldigt den Vergleich). Ich ziehe einen weiteren Gedanken neben einem Ton in meinen Kopf hinein, einer von denen, die an diesem Wochenende immer wieder kamen. Sowohl Töne, als auch Gedanken.

Der Gedanke
Es geht um einen Gedanken, den ich an diesem Wochenende hatte, als Herr Beringer durch den gesamten Saal rannte, um ein Diminuendo anzuzeigen: Es hat funktioniert. Und wenn alle leitenden Persönlichkeiten dieses Landes ihre Aufgabe mit soviel Herz und Überzeugung ausüben würden wie dieser Mann, hätten wir keine Probleme. Es geht nicht um Können, wenn wir einen Job ausüben. Können ist nur eine Seite einer Pyramide. Auf den anderen Seiten stehen Leidenschaft, also Herz, und Überzeugung. Und diese Leidenschaft reißt mit, auch wenn Beringer einen Takt gefühlte hundertmal singen lässt. Und diese Überzeugung reist mit, wenn 120 Ehemalige in die St. Gumbertus - Kirche fahren, um das Abschlusskonzert zu singen. Mein Loblied gilt auch und vor allem 140 fantastischen Sängern, die Windsbach hier zusammengeholt und vereint hat. Denn zusammen waren wir einmal mehr für mindestens 90 Konzertminuten das beste Ensemble der Welt. Mein Loblied gilt einer Internatsleitung, die in schweren Zeiten das Schiff in fester Hand hatte. Mein Loblied gilt Erziehern, die sich fast alle Namen gemerkt und die hin und wieder das richtige Auge zugedrückt haben. Mein Loblied gilt einem Küchenteam, das den Speiseplan zwar noch nicht grundlegend geändert hat, aber die Ehemaligen herzlich und freigebig empfangen hat. Mein Loblied gilt dem Chorbüro und dem Monte-Verein, die das Treffen organisiert haben.

Schlusskadenz
„Beglückt darf nun dich, oh Heimat, ich schauen“
„Durch Sühn und Buß hab ich versöhnt,
den Herren, dem mein Herze frönt.“
„Der meine Reu mit Segen krönt,
dem Herren, dem mein Lied ertönt“.

Es werden die letzten Töne sein, die dieses Ensemble zusammen singt. Dem ein oder anderen war das an dieser Stelle schon klar. Die Restlichen haben es ein paar Takte später gespürt. Vielleicht ist es der Text, vielleicht ist es die Melodie, vielleicht die Erinnerung. Ich weiß es nicht. Aber als alle Sänger mit voller Stimme und einem gekonnten Klang das „Halleluja“ in die Kirche jagen, drücken sich Tränen ins Auge. Manch einer hat erst nach einer Weile bemerkt, was Windsbach für ihn bedeutet. Andere haben es an diesem Wochenende gespürt. Aber alle wissen, dass diese Zeit nicht wiederkommen wird. Sie werden von der Bühne gehen – Sie werden nach Hause fahren – Sie werden sich hinsetzen und sentimentale Texte schreiben. Aber die ihrige Zeit in einem der besten Knabenchöre ist abgelaufen. Bleibt nur eine letzte Tonfolge. „Drum preis ich Gott mein Leben lang.“

Und dieses Leben lang sind wir geprägt vom Windsbacher Knabenchor und hoffentlich finden wir die Kraft, unsere Jobs mit derselben Leidenschaft und der Überzeugung auszuüben, die uns für ein Wochenende zusammengeführt hat.

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